Japanische Verkaufsautomaten mit digitaler Empathie

Japaner haben eine starke Schwäche für Automaten im Allgemeinen und für Verkaufsautomaten im Besonderen. Wenn es um ihre Automaten geht, ist den Asiaten nichts zu schrill, nichts zu abgedreht und nichts zu futuristisch. Wer schon einmal wachen Auges durch Tokyo geschlendert ist, wird selbst bezeugen können, dass es dort (und nicht nur dort) von Verkaufsautomaten aller Couleur überall nur so wimmelt:

#133 – OMG Japanese Digital Vending Machine

Dabei ist die neueste Generation der so genannten digitalen Verkaufsautomaten ganz besonders interessant, und durchaus auch ein wenig gruselig. Denn diese High-Tech-Maschinen können tatsächlich die

Bedürfnisse und Wünsche der Kunden erkennen

noch bevor die Kunden selbst aktiv eine Wahl aus den angebotenen Produkten getroffen haben. Das ist keine Hexerei, sondern ganz solide Mentalmagie :mrgreen:

Die ganz besondere digitale Verkaufsmaschine, von der hier die Rede ist, steht in der Tokioter U-Bahn und bietet dort eine stattliche Auswahl an Getränken feil. Der Clou: Die Maschine erfasst über eine installierte Kamera mit neuester Körpererkennungs-Software das Alter, das Geschlecht, die Statur und das Blickverhalten potenzieller Kunden. Dazu sind der Maschine auch die aktuellen Witterungsverhältnisse über spezielle Sensoren verfügbar. Stellt sich nun ein Mensch vor die Maschine, analysiert diese blitzschnell dessen mutmaßliche individuelle Bedürfnislage. Und zwar aufgrund dessen, was sie sieht, und aufgrund dessen, was sie über das Wetter und über gut dokumentiertes typisches Konsumentenverhalten weiß. Noch bevor der Kunde selbst eine eigene Entscheidung getroffen hat, bietet ihm die empathische Maschine ein bestimmtes Getränk an. Dieses Angebot kann der Kunde natürlich ablehnen – aber die Maschine irrt sich so gut wie nie, und die Kunden stimmen dementsprechend überrascht und angenehm berührt der sorgfältig erwogenen Vorauswahl zu. Beim anschließenden Kaufvorgang klimpert übrigens kein Kleingeld. Denn die Maschine bucht den anfallenden Kaufpreis digital und bargeldlos vom Smartphone oder von der Geldkarte oder von der Telefonkarte oder von irgend einem anderen beliebigen digitalen Zahlungsmittel ab.

Selbstverständlich hat diese unheimlich einfühlsame Verkaufsmaschine auch ein perfektes Gedächtnis für ihre Stammkunden und für deren zurückliegende Kaufentscheidungen. Wer hier also nicht zum ersten Mal seinen Durst löschen will, darf damit rechnen, mit einem „Möchten Sie wieder das Gleiche wie letztes Mal?“ herzlich begrüßt zu werden.

Ginge so etwas auch in Deutschland?

Prinzipiell ja, aber nur über sämtliche Leichen sämtlicher Datenschützer. Und das wäre auch gut so. Wer außer den Japanern will schon mit einem Getränkeautomaten eng befreundet sein? Und diesem dann entsprechend tiefe Einblicke in die persönliche Privatsphäre erlauben? Andererseits könnte die Zielfahndung mit Hilfe von Fotos aus der Überwachungskamera durch diesen futuristischen Kollegen ganz neue Dimensionen bekommen. Jedenfalls so lange, bis deutschlandtypischer Vandalismus und blöde blinde Zerstörungswut der „Saftschubse 4.0“ das sympathisch sanfte Licht auslöschen …

– Milla Münchhausen –

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