Mehrverbrauchszwang durch gezielten Restmengenbetrug

Mehrverbrauchszwang durch gezielten RestmengenbetrugWie kann man ahnungs- oder ratlose Verbraucher dazu kriegen, von einem abgepackten Produkt deutlich mehr zu kaufen, als es dem tatsächlichen Verbrauch entsprechen würde? Ganz einfach: Man gestaltet die Verpackung so hinterhältig, dass auch beim besten Willen deren gesamter Inhalt nicht restlos entnommen werden kann. Das kennt man von im Giebelbereich raffiniert verwinkelten Getränkekartons, von Ketchupflaschen aus Glas oder von WC-Entenhals-Konstruktionen. Natürlich auch von Spraydosen aller Art, ganz egal, ob sie Sahneschaum, Haarlack oder Deo ausspauzen. Oder aber von einem ganz bestimmten Herren-Pflegeprodukt, das hier exemplarisch und stellvertretend für die ganze Restmengen-Betrügerbande an den Pranger gestellt werden soll.

Von Loreal gibt es aus der Produktserie menexpert ein Aftershavebalsam, dessen Name „Hydra Sensitive“ pflegendes Programm ist. Diese lindernde und hautpflegende Lotion ist äußerst empfehlenswert, sonst würde mein Mann sie auch gar nicht in sein empfindliches Gesicht lassen. Leider wird diese vorzügliche Herrenpflege jedoch in einer genuin widerborstigen Flasche verkauft, die es auch unter den waghalsigsten Verrenkungen nicht zulässt, sie bis auf den Grund zu leeren, damit auch der letzte Tropfen seine wohltuende Wirkung entfalten darf. Glauben Sie mir, mein Mann hat schon alles (außer brachialer Gewalt) ausprobiert, um das, was er sich gekauft hat, auch bis zum guten Schluss verbrauchen zu können. Doch leider ohne Erfolg. Ein hartnäckig in der Spenderflasche verbleibender letzter Rest des Balsams gluckert höhnisch und hämisch, so als wollte er sagen: Mich kriegst Du nicht, auch wenn Du Dich oder mich auf den Kopf stellst!

Allerdings kann auch mein Mann ausgesprochen hartnäckig sein. Und so darf sich die nächste Flasche sehr sicher sein, in ihren letzten Zügen mit einem geeigneten Schneidwerkzeug Bekanntschaft zu machen, um buchstäblich ihr Letztes geben zu müssen. Außerdem werden wir dann gemeinsam einen interessierten Blick auf das bloßgelegte Interieur werfen. Wahrscheinlich entdecken wir dabei ein perfides Design, das dem Kosmetik-Konzern via reichlich Mist machendem Kleinvieh einen erklecklichen Mehrabsatz beschert. Und sollte das so sein, dann werden wir natürlich hier in diesem Blog in Wort und Bild darüber berichten. In diesem Sinne: To Be Continued …

Liebe Loreals! Habt Ihr es wirklich nötig, Euren Umsatz mit Restmengenbeschiss zu boosten? Das kann und will ich irgendwie nicht recht glauben. Umso gespannter bin ich, was die demnächst anstehende Autopsie Eurer AfterShaveBalsamFlasche an die Sonne bringen wird.

– Carina Collany –

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6 Antworten

  1. Martha sagt:

    Das kenne ich auch! Von Sprühsahne! Man hört die Sahne noch in der Dose gluckern, aber das Treibgas ist schon alle 🙁 und dann ist Schicht im SahneSchacht … voll gemein!

  2. Daniel Deppe sagt:

    Es gibt da auch so gewisse Tetrapacks, die so gern was in sich behalten. Das sind solche, die von der Grundfläche quadratisch sind und über einen hypermodernen Verschluss verfügen. Einer, der mit ein wenig Kraft gleich alle Hinternisse zum Inneren des Packs beim ersten Aufdrehen wegreißt. Das Teil reicht aber so weit ins Gefäß hinein, dass immer ein gewisser Rest Milch zurückbleibt.

  3. Malte sagt:

    Sehr schön geschriebener Artikel mit einem bekannten Alltagsproblem. Um ein weiteres Beispiel in der Serie der vorherigen Kommentare zu bringen. Zahnpasta Tuben. Wobei Tuben glaube ich nicht mehr politisch korrekt ist. Das sind ja nur noch weichere Plastikschläuche. Wenn nichts mehr aus der Tube kommt, einmal kurz die Schere bemühen und mit der Zahnbürste die Reste vor dem Schlauchausgang holen. Ein bis zweimal Putzen ist noch drin. Sieht nur nicht mehr so schön aus, wenn man vorher rote oder blaue Streifen im Zahnpastawurm hatte.

  4. Carina sagt:

    Hallo Malte,

    auch ich habe es mir schon lange zur Gewohnheit gemacht, Packungen gnadenlos aufzusäbeln, wenn sie mir ansonsten keine Chance lassen, ihren Inhalt restlos zu verbrauchen. Das betrifft neben Zahnpasta-Weichplastikschläuchen 😉 (schicke Streifen verschwinden so oder so ganz schnell in meinem Mund, also zum Teufel mit der derangierten Optik des Putzmittels) auch jeden Tetrapack (verblüffend, was man da immer noch so alles bergen kann) sowie sämtliche aufschlitzbaren Umverpackungen aus Metall. Ich hab sogar schon Parfümflaschen gekillt, wenn ich noch an die allerletzten edlen Dufttropfen dran wollte, die das Sprühsystem nicht mehr freiwillig rausrücken mochte. Manchmal muss man sich eben mit Nachdruck nehmen, was einem zusteht 😉

  5. Carina sagt:

    Inzwischen ist auch die Fortsetzung zu diesem kritischen Beitrag online. Wer also wissen will, wie es weiterging, der ist herzlich eingeladen, hier weiterzulesen:

    Restmengenbetrug, Teil 2: Autopsie einer AfterShaveBalsamFlasche

    https://wunderblog.daniel-deppe.de/restmengenbetrug-teil-2-autopsie-einer-aftershavebalsamflasche