Nahtod-Erlebnis durch „Vollgas im Leerlauf“?

Nahtod-Erlebnis durch "Vollgas im Leerlauf"?Nahtod-Erlebnisse sind nach wie vor ein Phänomen, an dem sich die Geister scheiden. Während die einen meinen, dass der Seele hier ein handfester „Sneak Preview“ auf die Dinge jenseits vom Diesseits angeboten wird, glauben die anderen, dass der typische Tunnel und das strahlend helle liebevoll wärmende Licht nichts weiter sind als die letzten neurochemischen Zuckungen in sterbenden Synapsen. Derart schlecht kartografiertes Terrain im mentalen Moor ist natürlich sowohl den Geistes- als auch den Naturwissenschaften ein Dorn im Auge. Und so mag das Forscherhirn auf der Suche nach des Nahtod-Pudels Kern weder ruhen noch rasten.

Tatsächlich scheint es so zu sein, dass die studierten Grenzgänger auf dem schmalen Grat der Null-Linie nun endlich einen handfesten Beweis für das neuronale Substrat der Nahtod-Erfahrung entdeckt hätten:

Forscher kommen Nahtoderlebnis auf die Spur

Für den Triumph der angewandten Thanatologie mussten mal wieder Labor-Ratten herhalten. In deren Hirnen ließen sich unter experimentell herbeigeführten Nahtodbedingungen an Stelle des erwarteten schleichenden System-Absturzes im Oberstübchen unerwartete Hyperaktivitäten nachweisen. Statt die Birne abzuschalten, drehten die Nerven der Nager noch mal so richtig auf. Was die Tiere in diesem Stadium ihres Fast-Ablebens gefühlt und erlebt haben mögen, kann der Mensch natürlich nicht wissen. Aber eines wurde sehr wohl deutlich: Die bildgebenden Verfahren ließen die Rattengehirne leuchten wie die Christbäume, und legten auf diese Weise ein beredtes Zeugnis von außergewöhnlich starkem und heftigem Aktionismus ab. Das war nun wirklich nicht gerade das, was die Forscher erwartet hatten, als sie den Ratten das Licht ausknipsten.

Erklärungsversuche?

Einer der Forscher verglich das mehr als emsige Treiben in den Köpfen der nahtoten Ratten mit dem kernigen Aufheulen eines Motors, dem man im Leerlauf Gas gibt. Denn, so die Argumentation: Liegt die Ratte im Sterben, dann hat deren Gehirn keine Lebensaufgaben mehr zu erledigen und keine Jobs mehr zu koordinieren, und kann, restlos freizeitlich gestimmt, mit dem noch vorhandenen Treibstoff auf Trebe gehen. So dürften die letzten Wahrnehmungen einer sterbenden Ratte gleichzeitig ihre intensivsten und überwältigendsten sein. Ganz genau so stark, wie es ja auch von nahtoderfahrenen Menschen geschildert wird.

Und wer hat nun Recht?

So sehr das den Empiristen auch stinken mag – die Forschungsbefunde sind immer noch nicht dazu geeignet, den Esoterikern den Hahn abzudrehen. Zu viele Fragen sind noch ungeklärt, zu viele andere Untersuchungsergebnisse (beispielsweise zur Rolle von DMT beim Nahtod-Erlebnis) noch nicht integriert. Und dann wäre da auch noch die übliche Frage nach der Henne und dem Ei, unter Elfenbeinturm-Bewohnern auch als Kausalitätsproblem bekannt und gefürchtet. Denn: Gibt das Gehirn noch einmal alles und macht zum letzten Mal Party, weil es den Tod kommen sieht? Oder löst erst der bereits derbe an das Oberstübchen pochende Sensenmann die cerebrale Hyperaktivität aus? Und wenn ja – warum?

Das Thema Nahtod-Erfahrung bleibt also weiterhin extrem spannend. Da werden die beinharten Labor-Puristen und die Tanderadei-Fraktion noch reichlich Gelegenheit bekommen, sich im Sandkasten der paradigmenimmanenten Ignoranz gegenseitig über den eigenen Tellerrand hinaus mit Dreck zu bewerfen 😉

– Carina Collany –

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2 Antworten

  1. Heidi sagt:

    Jetzt haben wir den wissenschaftlichen Beweis dafür, dass die „Diagnose Tod“ eine trügerische sein kann:

    Es gibt ein Leben nach dem Tod
    http://www.gmx.net/magazine/wissen/leben-tod-30125522

    Diese harten Forschungs-Befunde dürften sowohl die Transplantationsmedizin als auch unser aller Vorstellung von Leben und Tod nachhaltig beeinflussen.

    Ich für meinen Teil möchte mir jedenfalls ganz bestimmt nicht „von oben“ dabei zugucken müssen, wie ich von geldgeilen Ärzten ausgeweidet werde, bevor mein Blut kalt ist 👿

  2. Carina Collany sagt:

    Update:
    Im Wissenschaftsmagazon Scinexx.de fand ich heute den nachfolgend verlinkten sehr spannenden Artikel:
    Erster Blick ins sterbende Gehirn
    Auffallende Dominanz der Gammawellen beim Tod könnte Nahtoderfahrungen erklären

    Wer bis jetzt noch Zweifel hegte, kann nun Gewissheit haben (Zitat):

    Die Hirnstrommessungen enthüllten, dass die Hirnwellen nach Aussetzen des Herzes nicht einfach abflachen. Stattdessen gibt es eine kurze Phase verstärkter und koordinierter Aktivität der Gammawellen. Dies könnte Nahtoderfahrungen wie das Durchleben von Erinnerungen im Zeitraffer erklären.