Bye bye Bullenkloster
Wenn Sie, liebe WUNDERBLOG-Leserschaft, meine hiesige Vorstellung gelesen haben, dann wissen Sie, dass ich aus Frankfurt am Main komme. Und da ich dort nun schon mal geboren war, habe ich auch dort studiert. Allerdings war die ehrenwerte Johann Wolfgang Goethe-Universität zu meiner Zeit noch kein hipper schicker obernobel aufgestrapster Luxusschuppen, sondern eine lockere Ansammlung mehr oder weniger vergammelter Klabachen, die sich rund um das berühmte Senckenberg-Museum gruppierten. Eine dieser trostlosen Hucken war der so genannte „AfE-Turm“; eine an architektonischer Schaurigkeit kaum zu überbietende Beton-Burg, die mein seliger Vater aus irgend welchen Gründen immer als „Bullenkloster“ zu titulieren pflegte. Wer immer auch der Frankfurter Uni diesen Klotz ans Bein gebunden hatte, sollte sich wirklich schämen. Oder sich posthum für einen Eintrag im Guinnes-Buch der Rekorde zum Thema „hässlichstes Hochhaus ever ever ever“ anmelden. Da würden die Juroren gewiss nicht lange überlegen müssen.
Mein Studium
zwang mich leider ausgesprochen oft dazu, im AfE-Turm zu verweilen. Nie vergesse ich das schaurige laute Heulen des Windes im Zugkanal zwischen den doppelt angelegten Außentüren, nie den Muff aus alten Zöpfen, frischem Angstschweiß und wässrigem Automatenkaffee in der Lobby, und natürlich auch nie die fürchterlich stinkenden und verdreckten Aufzüge, in denen auch der coolste Student rasch klaustrophobische Anfälle bekommen konnte. Dennoch konnte ich auf die bedrohlich ächzenden Fahrstühle des Grauens nicht verzichten, da mich meine leider unausweichlichen Studentenpflichten regelmäßig in den 37. Stock. beorderten. Insidern wird das jetzt bestimmt etwas sagen, und das nicht nur unterbewusst
Nach dem Abschluss meiner akademischen Aktivitäten
gehörte der AfE-Turm zu jenen Dingen, die ich am wenigsten vermisste, um es einmal sehr milde auszudrücken. Insgeheim habe ich dem Bullenkloster immer die Steinlaus (Petrophaga lorioti) ans Fundament gewünscht. Doch es sollte noch besser kommen. Viel besser! Denn was der Zahn der Zeit ganz sicher nicht so schnell geschafft hätte, wurde in die bewährten Hände praxiserprobter Sprengmeister gelegt. Manchmal hilft Wünschen eben doch was 😉
Am 2. Februar 2014
wurde der AfE-Turm in Schutt und Asche gelegt. Was mir ganz persönlich ein innerer Vorbeimarsch war, imponierte emotional weniger involvierten Zeitgenossen als beachtlicher Superlativ. Denn: Mit dem AfE-Turm wurde europaweit das bislang höchste und größte Gebäude gesprengt, und das mitten in einer dicht besiedelten und noch dichter bebauten Großstadt. Beim Fall des 38 Stockwerke hohen Betonriesen durfte weder ein direkt benachbartes Nobelhotel noch das Senckenberg-Museum noch die KV Hessen beschädigt werden. Von all den vielen Wohnhäusern, U-Bahn-Schächten und sonstigen Repräsentanzen ganz zu schweigen. Man kann es nicht anders sagen: Respekt und „Chapeau“ vor den Sprengmeistern, die hier wahrhaft ganze Arbeit geleistet haben. Ich hätte ja zu gerne selbst auf den roten Knopf gedrückt 😈 aber da hätte ich mich wohl hinten anstellen müssen 😉
– Carina Collany –
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