Cannabis aus eigenem Anbau für Schwerstkranke
Im gutbürgerlichen Milieu wird Cannabis als hierzulande illegale Rauschdroge mit suspekten Subjekten assoziiert, die sich selbst samt ihrer potenziellen Arbeitskraft der Gesellschaft verweigern, um sich ungehemmt, schamlos und komplett der destruktiven Egomanie des ureigenen Lustprinzips zu ergeben. Bei dieser moralinsauren Schwarz-Weiß-Malerei wird leider gerne übersehen, das Cannabis ausgesprochen positive gesundheitliche Wirkungen hat, die von verantwortungsvollen Medizinern hoch geschätzt wurden und werden. Dazu zählen, unter anderem, die folgenden:
– Bei Krebspatienten unter Chemotherapie vermögen es Cannabis-Präparate, die Übelkeit auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, die Appetitlosigkeit in einen gesunden Hunger zu wandeln und die quälende depressive Verstimmtheit zu vertreiben, so dass der Seele wieder die Sonne scheinen und der Heilungsprozess seinen Fortgang nehmen kann.
– Chronische Schmerzpatienten, denen mit herkömmlichen Analgetika schon lange nicht mehr befriedigend geholfen ist, sprechen oftmals überraschend positiv auf Cannabinoide an.
– Auch bei Multipler Sklerose ist Cannabis als Hoffnungsträger im fachlichen Gespräch.
So weit die Wissenschaft. Und da man diese pharmakologischen Tatsachen auch nicht leugnen kann, stellen die pharmazeutischen Unternehmen auch Medikamente mit Cannabinoiden sowohl her als auch für den Markt bereit. Bedauerlicher Weise für die Betroffenen sind diese Mittel allerdings nur dann zu bekommen, wenn der ohnehin schon gequälte Patient zum einen ein demütigendes Spießrutenlaufen durch die genehmigenden Instanzen hinter sich bringt, und dann zum anderen auch noch in der Lage ist, in der Apotheke obszöne Freudenhauspreise für das ersehnte Medikament auf den Tresen zu blättern. So blieb vielen schwerst Leidenden bislang nur noch der Weg in die Illegalität, um jener Substanz habhaft zu werden, die als einzige noch Linderung bieten konnte.
Bis jetzt.
Ab sofort könnte es für Schwerstkranke nämlich eine ganz legale Alternative für die heilsame Beschaffung von Cannabis geben: Den eigenen Anbau von Hanf mit hinreichender Wirkstoffkonzentration in den eigenen vier Wänden. So hat es jedenfalls jüngst in einem viel beachteten Urteil das Oberverwaltungsgericht Münster unter dem Aktenzeichen Az.: 13A 414/11 festgestellt:
„Cannabis als Medizin – Gericht erlaubt Selbstanbau“
http://www.n-tv.de/ratgeber/Gericht-erlaubt-Selbstanbau-article9843086.html
Sollten Sie zu jener Patientengruppe gehören, für die eine Cannabis-Medikation zwar indiziert, aber bislang aus finanziellen oder anderweitigen Gründen nicht (oder nur außerhalb der Legalität) zu realisieren war, dann sollten Sie sich umgehend über die neue Gesetzeslage eingehend informieren, und die aus der juristischen Grauzone ins helle Sonnenlicht getragenen Möglichkeiten für Ihre individuelle Situation prüfen.
Alles Gute für Sie, und natürlich vor allem gute Besserung!
– Carina Collany –
Sehen wir da etwa seitens der deutschen Justizia endlich so eine Art Verständnis und Mitgefühl für schrecklich leidende Menschen aufkommen? Falls ja, dann wäre das heuer meine ganz persönliche Weihnachtsbotschaft …
Leider hat sich das Mitgefühl für Patienten, die nur in Cannabisprodukten eine Linderung ihrer Leiden finden können, nicht so wirklich durchsetzen dürfen:
Stoff aus Apotheke zu teuer?
Kranke wollen Cannabis selbst anbauen
Cannabis lindert Schmerzen, das ist medizinisch unumstritten. Für manche Patienten ist der Konsum der Droge die einzige Behandlungsmöglichkeit. Fünf von ihnen ist der legale Kauf in der Apotheke aber zu teuer – dürfen sie die Pflanze bald selbst züchten?
http://www.n-tv.de/panorama/Kranke-wollen-Cannabis-selbst-anbauen-article13173601.html
Wenn man diesen Artikel liest, fragt man sich wirklich, was der ganze Schwachsinn eigentlich soll. Warum lässt man kranke Menschen so sinnlos leiden, wo die Hilfe doch so günstig zu haben wäre und so nahe liegen könnte?
Die Strafverfolgung von Cannabis-Delikten verschlingt Millionen. Dieses Geld wirft man offensichtlich gerne zum Fenster raus, obwohl der Nutzen dieser polizeilichen Aktionen im Endeffekt gleich Null ist. Das ist inzwischen nachgewiesen:
Cannabis Verbot „Legalisierung heißt Schutz“
Von Thomas Geisen
„Der Drogenkrieg ist verloren“, sagt Professor Lorenz Böllinger
Das Cannabis-Verbot verhindere nicht, dass Menschen Drogen nehmen, sagt Professor Lorenz Böllinger. Er ist einer von 120 Strafrechtlern, die per Resolution im Bundestag das Verbot von Cannabis beenden wollen.
http://www.fr-online.de/drogen/cannabis-verbot–legalisierung-heisst-schutz-,24085810,26063416.html
Was in Colorado, Washington und Uruguay so prima funktioniert, sollte doch auch hierzulande machbar sein. Und sei es auch „nur“, um Leiden zu lindern und um Schmerzen zu bekämpfen.
Heute hat zu Köln Richter Andreas Fleischfresser Recht gesprochen:
http://www.gmx.net/themen/nachrichten/panorama/64bedw4-patienten-cannabis-therapie-anbauen
Gericht erlaubt Patienten Cannabis-Anbau zur Eigentherapie
Chronisch kranke Patienten, denen außer der illegalen Droge Cannabis nichts gegen ihre Schmerzen hilft, dürfen diese nach einem wegweisenden Urteil in Ausnahmefällen Zuhause selbst zu Therapiezwecken anbauen.
Einer der Kläger, ein Mann mit Tourette-Syndrom, kann überhaupt nur mit medizinisch gebrauchtem Cannabis am sozialen und gesellschaftlichen Leben teilhaben. Ihm ist es nun, dem Urtelsspruch sei Dank, endlich gestattet, seine Heilpflanze zu therapeutisch palliativen Zwecken daheim selbst zu züchten, anstatt jeden Monat 5000 Euro (!!!) für das gleiche Präparat aus eigener Tasche in der Apotheke bezahlen zu müssen.
In dem Artikel
Strafrechtler im Interview
„Die deutsche Drogenpolitik schädigt Bürger“
http://www.n-tv.de/politik/Die-deutsche-Drogenpolitik-schaedigt-Buerger-article13905931.html
geht der Strafrechtsprofessor und Psychologe Lorenz Böllinger sehr detailliert und sehr überzeugend auf dieses sensible Thema ein. Ausgesprochen lesenswert!
Auch Prof. Ulfrid Neumann von der JWGU (Frankfurt) findet klare Worte:
http://www.gmx.net/magazine/politik/debatte-marihuana-legalisierung-strafrechtler-haelt-cannabis-verbot-irrational-30215922
In dem Beitrag heißt es, ich zitiere:
„122 Strafrechtsprofessoren setzen sich für eine liberalere Drogenpolitik ein. Sie haben eine Petition unterschrieben, um den Gesetzgeber auf die schädlichen Nebenwirkungen der Kriminalisierung aufmerksam zu machen. Einer von ihnen ist Prof. Ulfrid Neumann vom Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie der Frankfurter Goethe-Universität. Im Vorfeld der Cannabis-Fachtagung der Stadt Frankfurt am Main an diesem Montag sprach die dpa mit ihm über die Argumente des sogenannten Schildower Kreises.“
Ich würde es so gerne noch erleben dürfen, dass endlich mal die Vernunft über kleinkarierte Borniertheit und Ignoranz siegt.