Neulich beim Bäcker

Neulich beim Bäcker

Neulich beim Bäcker

Eine liebe gute alte Bekannte hat sich mal wieder bei mir zu Besuch angekündigt. Natürlich möchte ich sie gastfreundlich bewirten, damit sie sich herzlich willkommen fühlt und gerne bei mir verweilt. Nur ist das bei ihr leider nicht so einfach, da sie unter einem ganzen Sack voll Nahrungsmittelallergien leidet, die selbstverständlich bei Tisch streng beachtet werden müssen. Zum Glück bin ich über ihre speziellen Bedürfnisse gut informiert und weiß ganz genau, was ich ihr anbieten darf, und was sie auf dem Teller meiden muss wie der Teufel das Weihwasser. Und so ziehe ich zum Einkaufen los, entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten mit einem ziemlich restriktiven und nicht zur Diskussion stehenden Einkaufszettel.

Mein erster Weg führt mich in die Filiale einer ortsbekannten Bäckerei-Kette. Dort bitte ich um ein Brot, welches ausschließlich aus 100% Roggen-Vollkornschrot ohne weitere Zutaten hergestellt ist. Die freundliche Fachverkäuferin bietet mir daraufhin einen appetitlich anzuschauenden Brotlaib an, auf dessen knuspriger Kruste es von einer undefinierbaren Mischung aus Nüssen und Körnern nur so wimmelt.

„Verzeihung, aber ich wollte ein Brot haben, das nur mit Roggenschrot gebacken ist“, beginne ich höflich, aber bestimmt meine vorauseilende Reklamation.

„Ja genau“, antwortet mir die Dame, „das hier ist ein reines Roggenbrot“.

„Und was für Zeug ist das hier alles?“

„Ach, das ist nur obendrauf, zur Dekoration. Damit es schön rustikal aussieht“.

„Ich brauche aber ein Brot, das wirklich nur aus Roggen gemacht ist“.

„Ja, so wie dieses hier“, sagt die Dame, inzwischen von meiner Penetranz leicht verunsichert.

Ich bemühe mich nun, ihr zu erklären, dass es meinem willkommenen Besuch ziemlich Banane ist, ob die unausweichliche allergische Reaktion „nur“ von einer Dekorationsbeilage oder von absichtsvoll im Brot eingebackenen Fremdkörpern stammt. Da erhellt ein leiser Anflug von Verstehen ihr unvermindert freundliches Gesicht.

„Ach so. Na dann schneiden Sie doch einfach die Brotkruste ab!“

Im Prinzip gar kein schlechter Vorschlag. Aber Bäckerbrot ist nun wirklich teuer genug. Da mag ich nicht die Hälfte wegschneiden müssen, damit ich der für meinen Gast ungenießbaren Dekoration entkommen kann. Mal ganz abgesehen davon, dass entrindetes Brot auf dem Teller eines gesunden Erwachsenen irgendwie krank aussieht. Und wer soll die abgeschnittene Dekokruste dann nachher essen? Ich will das jedenfalls nicht. Und taugliche Lebensmittel wegschmeißen geht bei mir gar nicht. So muss ich leider unverrichteter Dinge die Bäckerei wieder verlassen, eine zwar etwas ratlos, aber immer noch gut gelaunt dreinblickende Fachverkäuferin in meinem Rücken wissend.

Seufzend schlurfe ich zum Discounter. Dort finde ich, ganz zwanglos im SB-Regal feilgeboten, 500g abgepacktes Roggenschrotbrot in vorgeschnittenen Scheiben für weit unter einem Euro. Ich studiere die Inhaltsstoffe auf der vorgeschriebenen Deklarationsliste: Roggenschrot, Wasser, Salz. PunktEndeAus. Ganz genau das, was ich gesucht habe. Wer hätte das gedacht?

Später beim gemütlichen Jausen und Schmausen jubiliert mein genießender Gast und freut sich wie ein Kalbsschnitzel (Schweinefleisch verträgt sie nämlich auch nicht), dass ich extra für sie so ein lupenreines Brot aufgetrieben habe. Sie lässt es sich ausgelassen schmecken und ich schaue ihr lächelnd (und meinerseits ausgiebig kauend) beim gesund gewissensreinen Schlemmen zu. Dann erzähle ich ihr bei einem staubtrockenen Weißwein (Restzucker weit unterhalb der Gefahrengrenze, ha!) die wahre Geschichte dieses ganz speziellen Brotkörbchens. Sie grinst wissend. Als Betroffene sind ihr diese verbackenen Irrwege bestens vertraut.

Liebe Bäcker! Frisches herrlich duftendes appetitliches knuspriges ofenwarmes Brot *lechz hechel sabber* gehört zu den reinsten und sinnlichsten Gaumenfreuden meiner Welt (insbesondere mit etwas nativ kalt gepresstem Olivenöl nebst frisch geriebenem Parmesan, ich könnt grad schon wieder …). Doch bedenkt bitte, dass es mehr und immer mehr Menschen gibt, die aufgrund einer seriösen Nahrungsmittelallergie verdammt genau wissen müssen, was da im Einzelnen verbacken wurde und was nicht, Deko hin, Kruste her. Und denen mit einer vollständigen Inhaltsstoffe-Deklaration (etwa so wie abgepacktes Supermarktbrot sie haben muss) und mit entsprechend sensibilisiertem Verkaufspersonal lebenswichtig gedient wäre.

Danke! Echt jetzt.

– Carina Collany –

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Eine Antwort

  1. Michaela sagt:

    Ich habe mit selbst gebackenem Brot ganz gute Erfahrungen gemacht. Aber nicht mit den fertigen Brotbackmischungen, sondern mit eigenen Rezepten. Da können dann auch schon mal Röstzwiebeln oder Gratinkäse oder Chiliflocken rein. Brotbackautomat ist auch nicht schlecht, aber mir zu umständlich.