Ohne Marktforschung barfuß im Haifischbecken

Marktforschung

Marktforschung

Marktforschung ist ebenso kosten- wie zeitintensiv und wird daher von blauäugigen Jungunternehmern mit begrenztem Budget gerne mal gründlich vernachlässigt. Ein eindrückliches Beispiel dafür konnte ich jüngst wieder in meiner Lieblings Reality-Show Shark Tank sehen. Was eine schuhbegeisterte und hoffnungsgetragene Start-Up-Unternehmerin da an Kurzsichtigkeit und mentaler Begrenztheit präsentierte, hätte mich fast schon zu Tränen des Mitleids gerührt. Aber nur fast. Denn im Haifischbecken heult man nicht.

Ohne Marktforschung direkt am Bedarf vorbei

Die junge Dame hatte folgende Geschäftsidee: Einen hochhackigen Damenschuh mit auswechselbarem Absatz sowie frei anzubringenden modischen Applikationen. Der Witz dabei: Die Frau von Welt kauft sich das Basismodell (für ca. 200 Dollar zu haben) und dann dazu noch zusätzlich diverse Wechselabsätze (etwa 20 Dollar das Paar) sowie die mit Neodynmagneten haftbar gemachten Schnickschnack-Applikationen (auch ab 20 Dollar aufwärts zu haben). Dann wären mit einem einzigen Paar Pumps genau so viele Schuhvariationen zu realisieren, wie sich die Kundin Auswechselabsätze gegönnt hätte. Ein Paar Schuhe kaufen, und die dann nach Anlass modisch variieren. Das spart Platz im Business-Köfferchen und im Reisegepäck.

Großartige Idee, oder?

Nein, nicht wirklich. Denn die junge Schuhsparerfinderin hatte die unternehmerische Rechnung leider ohne seriöse Marktforschung gemacht. Hätte sie gezielte Marktforschung betrieben, bevor sie sich in diese „Ein Schuh, alle Modelle“ Idee verrannte, dann wären ihr folgende Ergebnisse vorgelegt worden:

  • Frauen, die Schuhe lieben (und welche Frau tut das nicht) kaufen sich von einem ansehnlichen Geldbetrag lieber viele verschiedene Paare Schuhe als ein einziges, an dem sie dann auch noch dauernd kompliziert rumfummeln müssen.
  • Frauen, die keine Goldesel im Keller haben, würden sich auf jeden Fall lieber eine ganze Batterie an günstigen schicken Schuhen zulegen, ehe sie für ein einziges Paar so eine Höllenkohle auf den Tisch blättern.
  • Frauen, die nicht auf den Cent gucken müssen, kämen erst gar nicht auf die Idee, sich beim Schuhe Kaufen irgendwelche organisatorischen Gedanken zu machen. Hauptsache viel.

Mit anderen Worten: So trickreich das Produkt der unbedarften Up-Starterin auch prinzipiell sein mag, es gibt absolut keinen Markt dafür. Und wo es keinen Markt gibt, da gibt es auch keine Kunden. Und wo es keine Kunden gibt, da gibt es auch keine Umsätze. So einfach ist das. Und es erklärt übrigens auch, warum der Erfinderin trotz erheblichen finanziellen und lebenszeitlichen Investments (plus extremer Motivation) während der letzten Jahre ihrer geschäftlichen Bestrebungen keinerlei Verkaufserfolg beschieden war. So sieht die Strafe für den Verzicht auf eine rechtzeitige Marktforschung aus. Was der Markt nicht braucht und nicht will, verstaubt und verschimmelt im Regal. Ganz egal, welcher Genius auch hinter der Produktidee stecken mag. Da nützt es leider auch nichts, wenn man als Erfinder selbst absolut von seinem Werk überzeugt ist. Der eigene Glauben an eine Sache fruchtet nämlich nur dann, wenn genug Menschen ihn aufrichtig teilen.

Daher mein Rat an Sie: Wenn Sie mit einem neuen Produkt auf den Markt drängen wollen, dann vergessen Sie die gute alte Marktforschung nicht. Und dazu gleichzeitig immer schön Shark Tank gucken. Da wird nämlich gnadenlos vorgeführt, wie man es machen muss, und wie ganz bestimmt nicht.

– Carina Collany –

 

Das Bild zu diesem Beitrag hat Daniel Deppe zur Verfügung gestellt. Marktforschung und Meinungsumfragen wurden nämlich früher auch schon mal auf offener (Einkaufs)Straße mit transportablen Tonbandgeräten im Reporterstil realisiert.

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