Bewerbung mal andersrum denken

Bewerbung

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Was ist der Sinn und Zweck einer Bewerbung? Diese Frage kann man aus der Sicht des Bewerbers, aber auch aus der Sicht des Stellenanbieters beleuchten. Während die erste Perspektive bereits mehr als erschöpfend in ungezählten Büchern, Beiträgen und Seminaren zum Thema „Bewerbung, aber richtig“ erschlagen worden ist, fällt es Stellenbewerbern erstaunlicher Weise oft ziemlich schwer, den Spieß der Bewerbung mal sachlogisch umzudrehen. Das ist insofern bedauerlich, als diese mentale Verrücken der Situation ungeahnte Möglichkeiten bietet, um die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten selbstbewusst und mit Standing zu präsentieren. Deshalb will der nachfolgende Beitrag die Grundlagen jeder Bewerbung mal ganz provokant auf links ziehen. Aber Vorsicht: Die hieraus erwachsenden Handelnsvorschläge sind nichts für Poser und Schaumschläger

Der Anlass der Bewerbung

Warum schaltet ein Unternehmen eine Stellenanzeige? Ganz bestimmt nicht aus warmer Barmherzigkeit, aus reiner Nächstenliebe oder nur so zum sinnfreien Spaß. Firmen, die Menschen zu einer Bewerbung animieren wollen…

  • müssen mit der tatkräftigen Unterstützung des neuen Mitarbeiters ein Problem oder mehrere Probleme lösen und wollen
  • gleichzeitig den Umsatz, das Unternehmenswachstum oder andere betriebswirtschaftliche Prosperitätsziele vorantreiben

Mit anderen Worten: Der neue Mitarbeiter muss etwas mitbringen, was die Firma dringend zum eigenen Funktionieren und Geldscheffeln braucht. Insoweit sollte sich *ACHTUNG Perspektivenwechsel* die Firma beim neuen Mitarbeiter bewerben. Denn schließlich wollen die Jungs und Mädels in den oberen Firmenetagen etwas ganz Bestimmtes, was ihnen momentan ganz offensichtlich fehlt. Und warum sollte der Bewerber dieses sein kostbares und begehrtes Gut ausgerechnet dieser ganz speziellen Firma geben, und nicht vielleicht einer anderen, die ebenso danach lechzt? Darum müssen die Damen und Herren Personalentscheider sich bitteschön erstmal deutlich wahrnehmbar um die Gunst des Bewerbers bemühen. Letzterer wird dann abwägend befinden, wem er am Ende sein Potenzial und seine Power wertschöpfend zur Verfügung stellen wird.

Die Bewerbung als Angebot an den Arbeitgeber

Hat der Bewerber erst einmal realisiert, dass er nicht der katzbuckelnde Bittsteller, sondern der souveräne Anbieter eines dringend benötigten Wertes ist, sehen die Dinge bei der Bewerbung schon mal ganz anders aus. Denn dann können die Weichen schon im Bewerbungsschreiben in Richtung gewinnenden Selbstbewusstseins gestellt werden. Das bedeutet im Einzelnen:

  • Der konkrete Nutzen der eigenen Person wird klar herausgearbeitet. Und nicht à la „ach ich würde ja so super in Ihr Unternehmen passen“, sondern „Ihr Stellenangebot interessiert mich, weil es gut zu meinem Stärkenprofil, in meine Wertehierarchie und in meine Interessensschwerpunkte passt„.
  • Die eigenen Stärken und Fähigkeiten werden überprüfbar dargelegt. Aber nicht „ach wie könnte ich ja so super nützlich für Sie sein“, sondern „wenn sich Ihre und meine Kompetenzen und Vorzüge vereinen, dann haben wir beide was davon, und das nicht zu knapp„.
  • Geben Sie dem Personaler die Möglichkeit, sich auf das persönliche Gespräch mit Ihnen gut vorzubereiten. Dazu verweisen Sie ihn auf einen sicheren Platz im Internet, wo aussagefähige Arbeitsproben oder andere Zeugnisse Ihres Könnens und Wollens eingesehen werden können. Aber bitte nicht übers Fratzenbuch, wo Kreti und Pleti rumeiern und private Daten so unsicher wie sonst was sind, sondern über eine eigene Webseite oder ein eigenes Blog. Was auch noch geht, sind schicke Online Visitenkarten.

Machen Sie in Ihrer Bewerbung deutlich, dass Sie im Rahmen des persönlichen Gespräches auch das Angebot einer ganz anderen vakanten Position wohlwollend prüfen würden, wenn sie denn zu Ihnen passen würde. Das zeigt, dass Sie selbstbewusst genug sind, um auch mal kurzfristig die Richtung zu ändern, wenn es sich ergibt. Und möglicher Weise wird ja gerade jemand händeringend intern gesucht, der SIE sein könnten, ohne dies bislang gewusst zu haben. Könnte ja sein. Man soll Wundern immer die Möglichkeit geben, zu geschehen

Diese Bewerbung muss 100% zu Ihnen passen

Über eines sollten Sie sich im Klaren sein: Wer in seiner Bewerbung das Maul so weit aufreißt, der muss am Ende auch liefern können. Bitte kein Gackern ohne anschließendes Eierlegen. Denn nichts ist so peinlich wie ein Poser, der sich erst aufbläst wie ein Ochsenfrosch, um sich hinterher doch nur als lauwarme Luftpumpe zu erweisen. Wenn Sie in eine Bewerbung gehen wie Hannibal Smith, dann müssen Sie die große Zigarre auch rauchen können, ohne sich in die Hosen zu schissern. Machen Sie klar, welches Unternehmensproblem Sie zweifelsohne lösen werden, und wie man mit Ihrer Unterstützung noch mehr Umsatz machen kann. So viel mehr Umsatz, dass sich Ihr sattes Gehalt locker refinanziert. Nur wenn Sie das in Ihrer Bewerbung glaubhaft darstellen können, werden Sie auch Gelegenheit dazu bekommen, sich vom demütig dienernden Personalchef die Füße küssen zu lassen

– Carina Collany –

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2 Antworten

  1. Daniel Deppe sagt:

    Eine höchst interessante Herangehensweise, die ich durchaus für gut befinde! Allerdings sehe ich auch gewisse Hürden. Nicht nur, dass viele Arbeitgeber sich als Bittsteller geben, sondern eben auch, dass diese elende Bittstellerei erwartet wird. Und das in immer größerem Maße. Immer mehr amerikanisierte Unternehmensstrukturen lassen dieses eigentlich richtige und nötige Selbstbewusstsein gar nicht mehr zu. So wie auch eigenes Denken und Handeln als Arbeitnehmer immer mehr verpönt ist. Umso mehr hoffe ich, dass wirklich gute Arbeitgeber zu schätzen wissen, wenn sich potenzielle neue Angestellte sich auf genau diese Weise auf eine gesunde Augenhöhe stellen.

    • Carina Collany sagt:

      Ich will es mal so sagen: Ein künftiger Arbeitgeber, der mich als eigenständig denk- und handlungsfähige sowie vernunftbegabte Kraft weder schätzen noch wahrnehmen will, für den bin ich als Mitarbeiterin ganz eindeutig zu schade 😉

      Mit Bewerbungen wie den oben beschriebenen habe ich persönlich die folgenden Erfahrungen gemacht:

      – Fitte Personaler laden jemand, der sich so eine Bewerbung „traut“, schon ganz allein deswegen höchst interessiert zum Gespräch ein, weil sie mit eigenen Augen sehen wollen, wer da dermaßen dicke Eier in der Hose hat 😎

      – Beim Gespräch, das schon zu Beginn über die üblichen Dämlichkeitsfloskeln längst hinaus ist, erweist sich in wenigen Minuten, ob die beiderseitige Chemie stimmt. Und falls ja,

      – hat man den Job. Oder vielleicht sogar noch was Besseres 😉

      Bei mir hats bislang jedenfalls immer funktioniert 😛