Computer schlägt Paartherapeut

Die bezaubernde France Gall besang in 1968 den „Computer Nr 3.“ als den allein selig machenden Partnerschaftsvermittler. Konnte die blonde Fee vielleicht damals schon mit weiblicher Intuition erahnen, was die Wissenschaft erstmals heute belastbar festgestellt hat? Tatsächlich hat sich nämlich jüngst belegen lassen, dass ein entsprechend geschulter Computer jeden Paartherapeut um Längen schlägt, wenn es um die korrekte Vorhersage von Beziehungsqualität und Beziehungsdauer geht. Zwei Menschen, die sich in eine Paartherapie begeben, könnten also vom „Computer Nr. 3.“ eine ausgesprochen verlässliche Prognose hinsichtlich der weiteren gemeinsamen (oder auch getrennten) Zukunft bekommen. Doch wie gelingt das dem angeblich so seelen- und emotionslosen Rechenhirn? Verblüffend einfach über eine exakte Analyse des Sprachverhaltens der beiden Partner.

Wenn der Paartherapeut keine Zwischentöne hört

Sprachforscher und Kommunikationswissenschaftler haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die Art und Weise, wie jemand etwas sagt, weit mehr Informationen transportiert als das, was er sagt. Ganze Psychotherapierichtungen gründen sich auf dieses wohlbewiesene Faktum. Und was im Alltag (und im Rhetorikseminar) richtig ist, stimmt auch in kriselnden Paarbeziehungen. Denn auch in der verbalen partnerschaftlichen Interaktion macht der Ton die Musik. Exakt an dieser Stelle setzt die Schulung des Computers an, weil die aussagefähigen Sprachparameter intra- und interindividuell extrem zuverlässig und auch erstaunlich messgenau sind. So messgenau, dass man sie zur Mustererkennung programmieren kann. Und wenn ein Computer etwas verdammt gut kann, dann ist das exakt definierte Mustererkennung. Darin mag der Grund dafür liegen, dass der Paartherapeut mit seiner vergleichsweise bescheidenen Wetware gegen den Kollegen Computer bei treffsicheren Vorhersagen keine Chance hat:

Computer erkennt am Tonfall die Erfolgschancen von Eheberatung

In dem höchst interessanten und lesenswerten Beitrag heißt es (Zitat):

In fast 80 Prozent der Fälle sagte der Computer richtig voraus, ob ein Paar nach Ablauf des beobachteten Zeitraums noch verheiratet war. Damit übertraf das Programm sogar die Vorhersagen von Psychologen. Zum Vergleich hatten die Forscher jedem Gespräch durch Experten negative Eigenschaften wie Schuldzuweisung oder positive wie Akzeptanz zuschreiben lassen. Die computergestützte Analyse der Stimme lieferte jedoch eine genauere Vorhersage als die Expertenmeinung.

Soviel zur viel gepriesenen fachkundigen Empathie beim Paartherapeut

Und so erlaube ich mir, meine Ausführungen mit einem Zitat aus dem Songtext von France Gall
zu beschließen:

Lange war ich einsam,
heut bin ich verliebt.
Und nur darum ist das so,
weil es die Technik
und die Wissenschaft
und Elektronenhirne gibt.

Dem habe ich nichts weiter hinzuzufügen

– Carina Collany –

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