Kerngedanken
Stellen Sie sich bitte mal vor, Sie hätten eine Hand voll mit den unterschiedlichsten lebendigen Sämereien. Apfelkerne, Avocadokerne, Tomatenkerne, Pinienkerne, Apfelsinenkerne, Bohnenkerne und Sonnenblumenkerne, nur mal so zum Beispiel. Und stellen Sie sich weiterhin vor, Sie hätten die Aufgabe, aus all diesen Kernen junge und wachstumsorientierte Pflänzchen zu ziehen. Was würden Sie dann machen?
Klarer Fall: Sie würden sich zunächst dazu schlau machen, was man mit den einzelnen Kernen machen muss, damit sie die optimalen Chancen zum Keimen, zum Wachsen und zum Gedeihen finden. Und da würden Sie sehr schnell sehen, dass die einen Kerne es so und die anderen Kerne es ganz anders lieben. Sie würden dann jeden Kern so betten, wie er gerne liegt, und sich bald darauf an den üppig grünenden und blühenden Erfolgen Ihrer Bemühungen erfreuen. Denn in optimaler Umgebung und mit artgemäßer Pflege wuchert das verschwenderisch pralle Leben von ganz allein. Ganz leicht. Total easy. Voll fruchtbar. Absolut natürliche Selbstläufer.
Was aber, wenn Sie alle Kerne ohne Ansehen von Rang und Namen in den selben trockenen Wüstensand einbuddeln und dann auf gute Ergebnisse warten würden? Da könnten Sie wahrscheinlich lange warten. Und sollte sich trotzdem etwas regen, dann wäre es klein, spindeldürr und dem schnellen Untergang geweiht. Ist ja auch völlig klar, nicht wahr? Völlig klar. Das müsste schon ein krasser Vollidiot sein, der die Aufgabe in dieser misserfolgsorientierten Weise anginge.
So weit, so gut. Und nun übertragen wir das botanische Gedankenspiel auf den Humanbereich und schauen, was passiert.
Stellen Sie sich bitte mal vor, Sie hätten eine Truppe mit den unterschiedlichsten Menschen zusammen. Langschläfer, Tüftler, Rechengenies, Handwerksmeister, Entertainer, Literaten und Rennfahrer, nur mal so zum Beispiel. Und stellen Sie sich weiterhin vor, Sie hätten die Aufgabe, aus all diesen Leuten die größtmögliche positive Win-Win-Wertschöpfung rauszukitzeln. Was würden Sie dann machen?
Klarer Fall: Sie würden sich zunächst dazu schlau machen, unter welchen Lebensumständen all diese verschiedenen Menschen ihre optimale Performanz zeigen könnten und wollten. Und da würden Sie sehr schnell sehen, dass die einen viel Schlaf brauchen, die anderen eine drohende Deadline, wieder andere ein frenetisch applaudierendes Publikum oder aber die stille Abgeschiedenheit ihres Arbeitszimmers. Sie würden dann für jeden dieser Menschen die für ihn perfekt maßgeschneiderte Arbeitswelt auswählen, und sich bald darauf an den üppig grünenden und blühenden Erfolgen Ihrer Bemühungen erfreuen. Denn in optimaler Umgebung und mit artgemäßer Pflege stellen sich die schönsten Erfolge von ganz allein ein. Ganz leicht. Total easy. Voll auf der Siegerstraße. Absolut natürliche Selbstläufer.
Was aber, wenn Sie alle diese unterschiedlichen Menschen ohne Ansehen von Rang und Namen in die selbe dröge Denkfabrik mit dem selben starren Stundenplan einsperren und dann auf gute Ergebnisse warten würden? Da könnten Sie wahrscheinlich lange warten. Und sollte sich trotzdem irgend ein Finger heben, dann höchstens sehr zaghaft und aus purer Verzweiflung. Ist ja auch völlig klar, nicht wahr? Völlig klar. Das müsste schon ein krasser Vollidiot sein, der die Aufgabe in dieser misserfolgsorientierten Weise anginge.
Haben Sie es bemerkt? Wahrer Erfolg kann nur dort passieren, wo jene, die ihn haben sollen, in harmonischem Einklang mit ihren individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen leben und agieren dürfen. Wo allerdings einzigartige Begabungen und Potenziale mit gesellschaftlichen Zwangsfüßen getreten werden, nur um einer peinlich missinterpretierten Chancengleichheit Genüge zu tun, da bremst kontraproduktive Gleichmacherei jede Erfolgschance aus. Und so enden sämtliche potenziellen Leistungsträger im Prokrustesbett verstaubter Leitbilder. Was für eine unheilige Verschwendung menschlicher Möglichkeiten. Was für ein Trauerspiel auf der morschen Bühne des Arbeitsmarktes. Was für ein ewig gestriges moralinsaures Geheuchel.
Denken Sie mal darüber nach, wenn Sie das nächste mal staunend vor einem ausladenden Pflaumenbaum stehen, der sich prallvoll unter der Last seiner süßen Früchte biegt, während das Bruttozsozialprodukt unter dem Joch der halsstarrigen Unflexibilität seiner vergreisten Erfinder ächzt.
– Carina Collany –
Neueste Kommentare