Wie aussagefähig ist ein Todestest?

Todestest

Todestest

Schwarzen Humor und Neugierde besitze ich genug, um mich im Internet wagemutig einem Todestest zu stellen. Und als ich nach dem Suchstichwort „Todestest“ gegoogelt habe, wurde ich mit Ergebnissen regelrecht zugeschüttet. Da gab es mehr oder weniger halbseidene Anbieter ohne Ende, die mir nach einem kurzen online Frage- und Antwortspiel den exakten Zeitpunkt meines Todes oder zumindest meine aktuelle Lebenserwartung vorhersagen wollten. Mit dem Entdeckerdrang eines ausgewachsenen Nestflüchters machte ich mich also auf, den Anfang meines Endes zu erkunden. Und was ich dabei fand, war wirklich spannend.

Wonach fragt ein Todestest?

Beim handelsüblichen Todestest werden erst einmal die üblichen Verdächtigen ins Verhör genommen. Wie alt bin ich? Mann oder Frau? Mein BMI? Wie steht es mit Drogen und wenn ja, wie viel? Habe und pflege ich soziale und/oder intime, also partnerschaftliche Beziehungen? Habe ich regelmäßigen Sex? Esse ich lieber Gemüse und Obst oder doch lieber Fleisch, womöglich noch rotes? Habe ich verdächtige, weil erblich erscheinende Vorerkrankungen? Waren meine Vorfahren gesund und wie alt wurden sie? Fühle ich mich gesund und glücklich oder kommt da nur ein lasches „geht so“? Wie viel Schlaf bekomme ich? Habe ich schwere Sorgen zu tragen? Wie ist meine übliche Gestimmtheit? Wie zufrieden fühle ich mich? Hatte oder habe ich schwere persönliche oder materielle Verluste zu beklagen? Die Liste dessen, was nach dem

Common Sense beim Todestest

zur Erhöhung oder zur Schmälerung meiner individuellen Lebenserwartung beitragen würde, ist ebenso endlos lang wie grausam ermüdend. BlaBlaBla. Begrabt mein fettes Herz an der Biegung des Flusses, wenn es mal so weit sein sollte. Oder praktiziert meinetwegen auch einen klingonischen Totengesang. Wenn ich einmal tot bin, ist mir das sowieso egal. Jedenfalls denke ich das im Moment.

Wonach fragt ein Todestest nicht?

Ich zweifle ganz sicher nicht an, dass der Zustand sowie die Wartung und Pflege meines materiellen Körpers einen erheblichen Einfluss darauf nimmt, wie lange ich in meiner aktuellen Inkarnation leben darf. Doch will ich wirklich auch so lange leben, wie ich es rein technisch könnte? Oder, wie es Pep Streebeck einmal formulierte:

Mögen Sie so lange leben, wie Sie wollen, aber nicht so lange wollen, wie Sie leben.

Es gibt verdammt viele aktuell wirksame Variablen, die mir (m)ein langes Leben nicht unbedingt erstrebenswert erscheinen lassen:

  • Will ich mich wirklich als alte Frau mit aggressiven Leuten um streng rationiertes Trinkwasser prügeln müssen?
  • Oder um die letzten Lebensmittelvorräte im sowieso schon vom panischen Mob geplünderten Supermarkt?
  • Will ich mir als körperlich wenig belastbare Rentnerin von irgend so einem psychopathischen Arschloch auf offener Straße den Ohrschmuck blutig wegreißen lassen?
  • Oder von rabiaten raffgierigen hochgradig kriminellen Zigeunerblagen am Geldautomaten die Knie wegtreten lassen?
  • Will ich mir in einem AltenTötenHeim als hilfloses sabberndes Etwas von einem angewiderten Hilfspfleger zwischen den Beinen saubermachen lassen, während sein Kumpel das ganze filmt und anschließend ins Netz stellt?
  • Will ich das hoffnungslos verarmte Opfer der gnadenlosen und gewissenlosen Deutschland-Disruptor-Politik einer selbstbesoffenen, geltungsgeilen und dreimal chemisch gereinigten Bilderbergziege werden?

Oh nein. Auf all das kann ich hier in diesem unserem Lande dankend verzichten. Wobei es, genau genommen, schon längst nicht mehr unser (oder mein) Land ist.

Die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen sind hier wie anderswo wenig ermutigend. Ich verspüre wenig Interesse, daran aktiv teilzuhaben. Zumal ich diese Teilhabe in einem Körper leben müsste, der mich aufgrund seiner altersgemäßen Abnutzungserscheinungen und Abspielungen in brenzligen Situationen auch schon mal im Stich lassen würde.

Mag sein, dass mir, aktuellen Hochrechnungen zufolge, ab jetzt noch 15 bis 25 passable Jahre bleiben. Ob ich diese Zeitspanne im Angesicht des augenfälligen Niedergangs dieses Planeten allerdings auch wirklich bis zur gallebitteren Neige auskosten will, steht im Moment noch in den Sternen. Ma kuckn.

– Milla Münchhausen –

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