Wie eklig is(s)t der Mensch?
Derzeit ist mal wieder ungefähr ein Dutzend Epsilon-Promis im australischen Dschungelcamp zum lästerlichen Abschuss freigegeben. Meiner Meinung nach ist jeder selbst schuld, der sich da freiwillig öffentlich zum Vollhorst macht. Dabei scheint es ganz offensichtlich nach dem Geschmack der gehässigen Veranstalter und des geneigten Publikums zu sein, die grenzdebil imponierenden Dschungelcamper mit unverhohlener Häme den denkbar widerwärtigsten Situationen auszusetzen. Und das sowohl zur äußeren wie auch insbesondere zur inneren Kontaktaufnahme mit dem Grauen aus der grünen Hölle. Denn das Verspeisen von Kakerlaken, Riesenschaben und Monster-Raupen (bitte vor dem Runterschlucken gut durchkauen!) ist für den hiesigen Kulturkreis weit jenseits der absoluten Erträglichkeitsgrenze angesiedelt.
Was viele Zuschauer nicht kennen, die sich an den angewiderten Göbel-Gesichtern der publicitygeilen Gourmets weiden, ist die Tatsache, dass die echten Ureinwohner Australiens, also die sagenumwobenen Aborigines, an solch krabbeligen Mahlzeiten tatsächlich ihre helle und ungetrübte Freude hätten. Kein Wunder: Wer in einer Umgebung klarkommen und überleben muss, in der Fett und Eiweiß als unverzichtbare Nahrungsmittelbestandteile denkbar knapp sind, der kann es sich nicht leisten, bei der Wahl seiner „Küchenzutaten“ übermäßig wählerisch zu sein. Und wo ist, streng genommen, schon der ökotrophologische Unterschied zwischen einer Garnele und einer Heuschrecke? Frisch vom Grill haben beide Tiere dem menschlichen Organismus wertvolle Nährstoffe zu bieten. Doch weil das Auge stets mitisst, müssen Heuschrecken wohl nicht befürchten, deutsche Kochsendungen wie im Flug oder im Sturm zu erobern.
Ich erinnere mich an eine filmische Dokumentation über das Leben der australischen Ureinwohner. Leider weiß ich nicht mehr, von wem diese Sendung stammte. Ich weiß aber noch, dass der Medizinmann und ein weiterer Stammesangehöriger in wichtiger Mission unterwegs waren. In der kargen dürren Landschaft gelang es den beiden Männern immer wieder, irgendwo nahrhafte und saftige Wurzeln auszugraben, wo unsereiner noch nicht mal einen Hinweis auf den leckeren Bodenschatz wahrgenommen hätte. Plötzlich gewärtigen die Männer eine stattliche Vogelspinne. Während ich mich auf meinem Fernsehsessel schnell irgendwo verkriechen will, weil ich mit Spinnen nicht sonderlich gut kann, freuen sich die hungrigen Wanderer sichtlich über die unerwartete Beute. Mit fachkundigem Kunstgriff wird das wehrhafte Tier überwältigt und anschließend eingehend begutachtet. Und dann – melken die Männer dem mit Eiern übervollen Vogelspinnenweibchen ihre dem Untergang geweihten Nachkommen ab. Die Eier werden in ein Blatt gerollt und im Feuer gegart, während die glücklose Vogelspinne als kompletter Braten in die Glut kommt. Nach wenigen Minuten genießt der Medizinmann das „Omelett vom Spinnenei“ (was Aborigines als höchste Delikatesse gilt), während sein Weggefährte sich die essbaren Anteile der Vogelspinne munden lässt.
Wovor wir uns ekeln, ist (bis auf einige wenige biologisch sinnvolle Ausnahmen) nicht angeboren, sondern wird uns durch Erziehung, Kultur und beispielhaftes Verhalten von Menschen mit Vorbildfunktion vermittelt. Fragen Sie dazu den Überlebenskünstler Rüdiger Nehberg oder irgend ein Kleinstkind, das hingebungsvoll in seinem eigenen Kackmatsch rumwühlt. Jedes frühkindliche „pfui bäh“ und jedes „igittigitt“ lehrt Hänschen, wovor er sich dermaleinst als Hans gefälligst haarsträubend zu grausen hat. Wie perfekt das funktioniert, demonstrieren unsere Dschungelcamp-Helden in optimaler Anschaulichkeit. Das macht sie sozusagen zu späten Opfern ihrer eigenen kulturellen Normung und Prägung.
Was allerdings nicht bedeutet, dass ich mit diesen Blitzbirnen auch nur das kleinste Fünkchen Mitleid hätte.
– Carina Collany –
Hut ab vor Olivia!
Hat das ganze Viehzeug gefressen ohne mit der Wimper zu zucken!
Sogar den pürierten Käfer 😯
Die kommt zurecht!
RESPEKT 😎
Jetzt haben wir es sogar, der Wissenschaft sei Dank, schwarz auf weiß:
1) Heuschrecken sind gesunde Proteinlieferanten und vielerorts eine Delikatesse:
Could Grasshoppers Be a Nutritive Meal
http://halachicadventures.com/wp-content/uploads/2009/09/grasshopper-nutrition-2012.pdf
2) Die widerlich stinkende Durian-Frucht ist eine echte Vitaminbombe:
Comparative Study of Health Properties and Nutritional Value of Durian …
http://bashanfoundation.org/shela/shelasnakefruit.pdf
3) Mehlwürmer sind die Steaks der Zukunft:
Menü mit Mehlwurm
http://www.sueddeutsche.de/wissen/nahrung-fuer-eine-wachsende-menschheit-menue-mit-mehlwurm-1.1555610
Wir lernen also: Im Dschungelcamp kann sich jeder Prüfungskandidat ausgewogen und sehr gesund ernähren, wenn er nur mal die anerzogene Futterperspektive gewechselt kriegt 😉
Es geht immer noch schlimmer:
Wenn das Essen vom Teller hüpft
Zuckende Kraken, schleimige Maden oder Fische, die einen vom Teller aus anblicken: Lebende Lebensmittel gibt es auf der ganzen Welt. Wie sie schmecken – und wann der Tierschutz sie verbietet.
Artikel von Katja Heise auf:
http://www.welt.de/wissenschaft/article116420533/Wenn-das-Essen-vom-Teller-huepft.html