Kausalitätszwang und Religiosität

Alle Menschen unterliegen dem ihnen mit in die Wiege gelegten Kausalitätszwang. Das bedeutet, dass jeder immer ganz genau wissen will, warum, wieso und weshalb etwas so funktioniert, wie es funktioniert. Aus dem angeborenen Kausalitätszwang erwächst im besten Falle fruchtbarer wissenschaftlicher Forscherdrang, dessen seriöse und relevante Ergebnisse die Dinge ein klein wenig besser und vor allem vorhersagbarer machen. Für uns alle ergibt sich aus dem allgegenwärtigen

Kausalitätszwang

ein persönlich im Laufe der Lebensjahre kontinuierlich aufgebautes und ständig neu überarbeitetes Theoriegebäude, mit dem wir alle (und jeder auf seine ganz persönliche Weise) versuchen, die Welt zu verstehen. So lange das, was wir mit unserem immanenten Kausalitätszwang erklären wollen, tatsächlich vom „Ursache-Wirkungs-Prinzip“ getragen wird, mag das angehen. Denn dann sucht und findet man den oder die Schuldigen, den oder die Verursacher sowie das so dringend zu klärende WARUM? DARUM! Doch was passiert mit uns, wenn wir unseren

Kausalitätszwang

Kausalitätszwang

Kausalitätszwang

auf Themen anwenden wollen, die sich jeglicher nachvollziehbarer Erklärung entziehen? Wenn wir Fragen stellen, bei denen unser simples Konstrukt von Kausalität nicht greift? Wenn Situationen und Tatsachen zu beurteilen sind, die weit jenseits der Kapazitäten unserer kleinen Affengehirne (Lucy mal ausgenommen) liegen? Oder wenn uns das Universum gar nicht genug Informationen gibt, dass sich das Denken für uns schlichte 10%ler auf unserer Flachwelt überhaupt lohnen könnte? Dann haben wir nur noch die Wahl zwischen dem hilflos resignierten Hinnehmen dessen, was wir sowieso nicht beeinflussen können, und dem starken Glauben an eine höhere Macht, deren Wege ebenso unerforschlich wie rätselhaft, aber von einer höheren Warte aus betrachtet dennoch absolut sinnhaltig sind. Letztere Option führt uns auf direktem Weg mit dem Vehikel des tückischen Sinnfindungsimperativs…

…vom Kausalitätszwang zur Religiosität

Definiert man Religiosität als das permanente menschliche Streben nach einer Antwort auf die Frage

nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest

dann kommt man bei all der himmelschreienden Ungerechtigkeit, all der schrecklichen Not und all der kaltblütigen Grausamkeit immer und überall auf diesem Planeten irgendwann zu dem Schluss, dass nur noch irgend ein „höheres Wesen“ dabei den Durchblick (oder sein sadistisches Vergnügen) haben kann. Oder anders gewendet: Irgendwo „da oben“ hockt wer, der mit uns Menschen Bowling spielt, wobei dessen perfide Spieltaktik keine Berührungspunkte mit unserem Verständnis von einer guten Welt hat. Nicht gerade ein beruhigender oder freundlicher Gedanke, so viel ist sicher. Und um hier dennoch mild zu benebeln und gleichzeitig raffiniert zu verführen, baut die Religiosität jetzt die Hypothese vom grundsätzlich wohlgesonnenen Gott ein, dessen unerforschliches Handeln immer gut für uns ist, auch wenn wir japsenden Menschlein das selbst absolut nicht so sehen können. Vom Marketinggesichtspunkt her ein grandioser Schachzug, das muss der Neid dem „da oben“ lassen. Geht es uns gut, ist es seiner unermesslichen Güte und Gnade zu verdanken. Und geht es uns schlecht, dann ist das irgendwie letzten Endes auch gut für uns. Lobet den Herren für wirklich alles, was er tut oder bleiben lässt, egal, wie grausam wir dafür leiden oder wie blind wir dafür lieben müssen.

Die geschulte Klinikerin in mir erkennt bei solchen aussagenlogischen Tautologie-Argumentationsfiguren sofort das perfekte unverbrüchliche Wahngebäude, aus dem weder sachlogische Argumentationen noch harte Fakten einen Ausweg weisen. Die beseelten Bewohner dieses mental abgefederten Wahngebäudes sind freilich fein raus. Denn mit Ihrer Version des Weltverständnisses können sie den Kausalitätszwang zwanglos in jede beliebige Form gießen. Wer wirklich daran glaubt, muss nichts mehr wissen und kann dennoch alles erklären. Ein Traum.

Nun ja. Für mich eher ein Albtraum.

Wie sehen Sie das?

– Milla Münchhausen –

 

Das Beitragsbild wurde von und bei https://makeameme.org/ generiert. Vielen Dank für diesen stets sprudelnden Quell an alleredelster Inspiration!

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