Boah ey, bin ich heute scheiße drauf!

Boah ey, bin ich heute scheiße drauf!

Boah ey, bin ich heute scheiße drauf!

Kennt Ihr das? Man wird nach einer halbwegs schlafgestörten Nacht vom Wecker wachgeschrebbelt, fällt dann mit dem falschen Fuß aus dem Bett und hat zu allem Überfluss auch keine Kaffeemilch mehr im Kühlschrank. Später wird man dann im hoffnungslos überfüllten Bus von irgend so einem Bazillenmutterschiff herzhaft angerotzt, während man sich an seiner Zielhaltestelle durch eine Mauer mehr oder weniger stinkender und muffeliger Leute ins Freie kämpfen muss. Und dann hat der Chef nix besseres zu tun, als mit gerunzelter Stirn wortlos tadelnd auf seine scheißteure Schweizer Präzisions-Armbanduhr zu gucken, weil wegen der zwei Minuten, die man seinen Hintern zu spät auf dem Bürostuhl einparkt, das Firmenimperium ganz sicher übermorgen in die Insolvenz gehen wird.

Boah glaubse. Dat is vielleicht nen Scheißtag. Wer mir heute dumm von der Seite kommt, ganz egal wer, der ist fällig. Go ahead. Make my Day.

Und als ich noch so still vor mich hin grolle, grausamste Mordphantasien mental erprobend, da höre ich auf einmal eine freundliche Männerstimme sagen:

„Halt, meine Freundin. Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Greife lieber zur Vernunft. Gut gelaunt geht alles besser!“

Es ist Bruno, das gute liebe alte HB-Männchen, das mich mit seiner raffiniert modifizierten Werbebotschaft lächelnd augenzwinkernd von meiner blutglutroten Grollwolke wieder auf den Boden der Tatsachen holt. Obwohl ich passionierte Nichtraucherin bin.

Was ist passiert?

Ganz offensichtlich habe ich eine ziemlich herbe derbe Scheißlaune. Und frag nicht nach Sonnenschein. Aber warum ist das so? Unter Brunos Supervision beginne ich eine Turbo-Selbstanalyse. All die Dinge, die mir heute widerfahren sind, habe ich auch schon früher recht oft erlebt. Doch meistens reagierte ich nicht so dermaßen empfindlich auf die kleinen Spitzen des Alltags. Was ist also heute anders als die anderen Male? Warum bin ich heute so dünnhäutig und feinnervig? Und warum könnte man heute in meinem Hirn ein weiteres Sequel von „Saw“ drehen, für das alles Kunstblut dieser Filmwelt nicht reichen würde?

Ursachenforschung und Spurensuche tun dringend Not. Bruno lächelt nachsichtig und entschwebt. Er hat seinen Auftrag erledigt. Jetzt bin ich dran.

Ich mache mir eine Liste, auf die ich alles schreibe, was mich in der letzten Zeit ohne Umwege auf die Palme gebracht hat. Es erschreckt mich echt, was da so alles zusammen kommt. Wie habe ich nur all diese Stressoren und Frustrationen verpackt, ohne selbst etwas von meinen psychohygienischen Aufräumarbeiten mitzukriegen? Wie konnte ich meine mentalen Schrammen nur so geschickt verbinden, dass ich es noch nicht einmal selbst bewusst geschnallt habe? Und wer hat all diese schwachsinnigen deprimierenden Durchhalteparolen innen in meinen Schädel genagelt? Stück für Stück grabe ich mich durch meine Seelentrümmer und begutachte jede einzelne Gemütsscherbe mit der nüchtern wissenschaftlichen Präzision eines Flugzeugkatastrophenursachenermittlers. Und siehe da: Die Wurzel allen Übels lässt sich bei näherer Betrachtung zweifelsfrei identifizieren. Schockiert von meiner eigenen servilen Blindheit und ernüchtert von der gnadenlosen Klarheit logischer Beweise beschließe ich, nicht länger mit angetackerten Scheuklappen in Richtung BurnOut zu heizen.

Mein blöder Chef kann gerne Konkurs anmelden. Ich werde allerdings, wenn er das tut, nicht mehr zu seinen gepeinigten Lohnsklaven zählen. Denn ab demnächst bin ich mir selbst meine eigene Chefin! Oder anders gesagt: Selbst(ständig) ist die Frau!

Und die Moral von der Geschichte? Sogar schlechte Laune ist zu etwas gut. Wenn man sie als Wegweiser anzusehen und anzunehmen bereit, willens und in der Lage ist.

– Milla Münchhausen –

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