Kritische Gedanken zur Dieseldebatte
Die deutsche Dieseldebatte ist derzeit der allgemeine Aufreger schlechthin. Die Autofahrer schäumen vor Wut, weil die ganze teure Umrüsterei auf sie abgewälzt werden soll und weil ihnen mit ihren dreckigen Dieselfahrzeugen Fahrverbote drohen könnten. Die Autoindustrie wehklagt, weil die Dieseldebatte inzwischen nicht nur ihren Ruf stark beschädigt hat. Und die Umweltschützer mahnen ohnehin schon seit geraumer Zeit eine nachhaltige Verbesserung der Luftqualität in den Innenstädten an. Da müssen ganz schnell allseits befriedigende Lösungen her, keine Frage. Doch nach meinem Empfinden suchen die Nieten in Nadelstreifen solche Lösungen mal wieder an der völlig falschen Stelle.
Dieseldebatte als vielschichtiges Problem
Warum fahren denn so viele Diesel durch die Straßen der Städte? Da gibt es zwei wesentliche Gründe:
- Fast alle größeren Firmenwagen (z. B. Busse, LKW, Baufahrzeuge & Co.) sind als treue und zuverlässige Diesel unterwegs.
- Viele Pendler, die kostengünstige Dieselfahrzeuge bewegen, müssen sich von Berufs wegen tagein tagaus durch die innerstädtischen Straßen quälen.
Unternehmer, denen man den Dieselfuhrpark quasi stilllegen würde, könnten dann ihren Betrieb gleich dicht machen. Das geht also schon mal gar nicht. Und was ist mit den Pendlern? Die fahren schließlich auch nicht zu ihrem Privatvergnügen mit ihren Autos durch die Städte. Die müssen jeden Tag zur Arbeit hin und von der Arbeit wieder zurück kommen. Aber könnte man denen nicht die Benutzung von Bussen und Bahnen schmackhaft machen? Ein Blick auf die horrenden Fahrpreise allerorten macht schnell deutlich, dass die Fahrt mit dem eigenen PKW wesentlich billiger und wesentlich bequemer kommt als ein Ritt auf den öffentlichen Verkehrsmitteln. Was aber, wenn die Pendler kostenlos in öffentlichen Nahverkehrsfahrzeugen Platz nehmen könnten? Dann sähe die Bereitschaft, das Gaspedal gegen ein umweltfreundliches Tram-Ticket zu tauschen, bestimmt besser aus. Und das könnte auch in wirtschaftlicher Hinsicht durchaus funktionieren und damit die Dieseldebatte entschärfen. Denn:
- Wo die Fahrgäste keinen Fahrschein mehr brauchen, müssen auch keine Kontrolleure mehr beschäftigt werden. Da fallen reichlich Lohnkosten weg.
- Wenn Busse und Bahnen umsonst genutzt werden dürfen, gibt es da auch keine Schwarzfahrer mehr. Keine Schwarzfahrer, keine Prozesskosten, keine Gerichtskosten, keine Verwaltungskosten. Das finanzielle Potenzial, das hier frei werden könnte, ist immens.
- Touristen, die sich in den Innenstädten buchstäblich frei bewegen können, kommen gerne und reichlich und lassen deutlich mehr Geld da. Das kurbelt die Wirtschaft an und bringt dadurch letzten Endes mehr Einnahmen für die Geschäfte und für den Fiskus.
- Teure, störanfällige und wartungsintensive Ticketautomaten könnten aus dem Stadtbild und von der Rechnung verschwinden.
- Ein kostenfreier Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr würde sich also nicht nur selbst finanzieren, sondern auch für Mensch und Natur ein Segen sein. Leute mit schmalem Geldbeutel könnten dann auch mal wieder kleine Ausflüge in die Stadt unternehmen, ohne vor dem Fahrscheinautomaten graue Haare und klamme Finger zu kriegen; Stichwort: Teilhabe. Und die Luft in den Städten würde auf jeden Fall von jedem Auto profitieren, das bei solch attraktiven Anreizen brav zu Hause stehen bleiben darf.
Dieseldebatte im Rest der Welt
Ein Blick über den deutschen Tellerrand hinaus zeigt, dass sich das Konzept des kostenfrei nutzbaren ÖPNV vielerorts hervorragend bewährt hat. Nicht selten stehen da den fehlenden Einnahmen durch die Gratisnutzung deutlich höhere Einnahmen durch die vielen anderweitigen Vorteile gegenüber. So kommt es, dass sich die Kostenfreiheit unter dem Strich prima und positiv rechnet. Die Mehreinnahmen, die durch die Gratisnutzung hereinkommen, können übrigens vorzüglich in eine Modernisierung des öffentlichen Fuhrparks investiert werden. Oder in bessere Maßnahmen zur Luftreinhaltung. Eine tolle Aufwärtsspirale, wie alle Beteiligten sie gerne sehen wollen. Alle außer den engstirnigen deutschen Politikern, die das Prinzip der Interaktion einfach nicht in ihre sturen Köpfe bekommen wollen.
Dieseldebatte: Mein Fazit
Wenn die verschiedenen kräftigen Einsparungen durch eine Gratisnutzung des ÖPNV den Wegfall der Ticketverkäufe finanziell kompensieren oder gar überkompensieren, dann gibt es nur Gewinner. Ob das so ist, lässt sich sicher berechnen, prognostizieren und auch testweise ausprobieren. Natürlich kann man das Ganze auch in bester deutscher Krisenstabmanier tatenlos aussitzen und dabei ergebnislos zu Tode diskutieren. Dann zahlt am Ende wieder der kleine Mann die Zeche. Oder in diesem Fall der kleine Dieselfahrer. Hauptsache, die kraftvoll motorisierte Politprominenz kommt trockenen Fußes vom dünnen Eis und muss sich beim vorgetäuschten Problemlösen nicht anstrengen.
– Carina Collany –
Beitragsbild: Clker-Free-Vector-Images auf pixabay
Mein Wagen fährt Diesel 😉
http://www.radiopsr.de/diesel
Das ultimative Lied zur Dieseldebatte *hehehe*