Ratschlaege sind auch Schläge, Frau Tichy
Ratschlaege zum Thema Geldsparen haben derzeit Hochkonjunktur. Denn wer nicht gerade eine Herde Goldesel mit chronischem Durchfall im Keller stehen hat (oder sich auf die eine oder andere Weise vom Steuer- und Gebührenzahler bequem alimentieren und komfortabel pampern lässt), der muss sich in Sachen Lebenshaltungskosten ganz schön umgucken. In das aktuelle Spannungsfeld zwischen obszön galoppierender Inflation einerseits und nicht weiter reduzierbaren menschlichen Grundbedürfnissen andererseits feuert Andrea Tichy ihr Buch mit dem Titel „Die besten Dinge kosten nichts“ ab. Die dort präsentierten Ratschlaege versetzten allen Menschen, die jeden Eurocent mittlerweile mehrfach umdrehen müssen, bevor sie ihn einmal ausgeben können, einen herben derben Schlag unter die vom enger geschnallten Leibriemen eigeschnürte Gürtellinie.
Welche Ratschlaege zur Geldbeutelschonung liefert Andrea Tichy für satte 17,90 EUR?
Der alte Spruch, dass die besten und schönsten Dinge kein Geld kosten, trifft im wahren Leben nur extrem bedingt zu. Romantische Verklärungen des gnadenlosen Mangels an Kaufkraft kennen wir aus zahlreichen Märchenbüchern (z.B. „Das Hemd des Glücklichen„) und wesentlich kritischere Töne hört man dazu aus dem wahrheitsliebenden Mund von Lisa Fitz. Die Ratschlaege von Andrea Tichy fallen zweifelsohne in die Kategorie der romantischen Verklärung. Denn wer einem an Geldmangel leidenden Menschen ernsthaft vorschlägt, er möge den ganzen Tag mit Wasser trinken, Wandern gehen und Wildpflanzen sammeln in der Gesellschaft Gleichgesinnter verbringen, der kann zentrale Begriffe wie Alltagstauglichkeit oder Praxisrelevanz noch nicht mal buchstabieren. Aber der Reihe nach: zu den kostenlosen Freuden nach Tichy zählen (u.a.):
- stundenlang mit dem Wanderpartner plaudern
- Siesta auf der Wiese
- barfuß durchs Gras laufen
- pappsatt von den erfüllenden Eindrücken des Tages aufs Abendbrot verzichten
- mit den Hühnern zu Bett gehen
Bei allem schuldigen Respekt, aber auf diese grünmenschlich verschwurbelten Ratschlaege kann ich getrost verzichten. Nichts gegen die Natur und deren Schönheit, aber die Natur zahlt weder meine Miete noch begleicht sie meine sonstigen laufenden Kosten. Sich ins Gras legen ist bestimmt auch sehr nett, doch fressen kann ich das Gras leider nicht. Jedenfalls würde ich davon sicher nicht satt.
Wo gibt es wirklich hilfreiche Ratschlaege, und zwar kostenlos?
Ganz ehrlich – bevor ich Andrea Tichy stolze 17,90 EUR für ihre allenfalls philosophisch und ansatzweise metaphysisch relevanten Ratschlaege aus dem wohlstandserhabenen Wolkenkuckuksheim in den Rachen werfe, schaue ich mich doch lieber im Internet nach Tipps und Tricks zum Geldsparen um. Denn dort wird man sehr schnell bestens fündig, ohne dafür zur Kasse gebeten zu werden. Ein sehr schönes Beispiel dafür ist das kostenlose PDF mit dem Titel Wenig Geld – viel Lebensfreude, herausgegeben vom Sozialdienst katholischer Frauen e.V Hamburg. Natürlich bezieht sich dieser Ratgeber speziell auf Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Hamburg haben. Es soll dies auch nur eines von vielen Beispielen dafür sein, dass man sein bisschen Geld nicht für nutzlose Ratschläge raushauen muss. Wer im Internet suchet, der findet auch. Gänzlich gratis und bundesweit.
Fazit
Wenn Sie 17,90 EUR (das sind übrigens feiste 35 D-Mark) zu viel haben, gerne auf Einhörnern in den Sonnenuntergang reiten, hochgeistige Freude beim philosophischen Betrachten Epikureischer Ergüsse empfinden und sich sonst in Ihrem Alltag um rein gar nichts irgendwelche Gedanken machen müssen, dann viel Spaß beim Erwerb und bei der Lektüre dieses Buches.
– Milla Münchhausen –
Beitragsbild / Symbolfoto von Gerd Altmann auf Pixabay
Ich hätte da auch noch ein paar (Rat)Schläge:
Die Wohnung aufgeben und in die Obdachlosigkeit gehen. Das spart jede Menge Miete und Heizungskosten, lässt uns die Rhythmen der Jahreszeiten hautnah erleben und erschließt uns die bunte Gesellschaft gleichgesinnter Naturfreunde. Außerdem eröffnet uns der Auszug aus der Häuslichkeit die Möglichkeit, uns von allem Überflüssigen und Überschüssigen zu trennen. Mehr als das, was in einen entliehenen Einkaufswagen passt, braucht der Mensch sowieso nicht.
Hallo, Frau Tichy, gehts noch????
Als Altersrentner werde ich diese 300 Euro Heizkostenzuschuss nicht bekommen. Mensch, was hab ich da für ein Glück! Dann darf ich mich demnächst am frühen Abend mit leerem Magen in den Kälteschlaf zittern. Das habe ich mir schon immer gewünscht.
Ihnen, Frau Tichy, wünsche ich, dass Sie Ihr eigenes Buch mal selbst am eigenen Leib Wort für Wort auf seine Alltagstauglichkeit prüfen müssen. Gerne auch mal mitten im Winter, und gerne auch mal mit einer Gehbehinderung.
Warum nicht gleich als buddhistischer Bettelmönch leben? Der gesamte persönliche Besitz reduziert sich damit auf den orangefarbenen Kaffeesack, den man um die Blöße seines Leibes gewickelt hat. Man lebt für den Rest seines maximal reduzierten Lebens komplett auf der Straße und bettelt sich einmal am Tag sein Fressen zusammen. Der Rest des Tages wird mit Meditieren über den Sinn und Zweck des Daseins prall gefüllt. So viel Freude für umme, das sollte Frau Tichy direkt mal ausprobieren…
Habe gerade 17,90 € gespart. Danke dafür! Mit so viel Geld kann ich nämlich viel Sinnvolles und wirklich Wichtiges machen!