Selbstfahrendes Auto als Unfallquelle?
In meiner Zeit, damals in den Ardennen musste man noch Auto fahren können, wenn man Auto fahren wollte. Bedienfehler während der Fahrt hat der PKW nur in den allerseltensten Fällen verziehen, und fahrlässige Unaufmerksamkeit im Straßenverkehr führte mit beachtlicher Konsequenz zu Unfällen.
Heute steigt eine komplett gepamperte „Generation Facedown“ in ein Auto mit Spurhalteassistent, Bremsassistent, Einparkhilfe, Abstandswarner und ähnlichem hochgezüchtetem technischem Gezumpel. Die Folge dieser Entwicklung sind motorisierte Straßenverkehrsteilnehmer, die im Grunde genommen gar nicht mehr Auto fahren können, sondern einen Computer auf Rädern bedienen müssen. Daraus resultiert ein dramatischer automotiver Handlungskompetenzverlust, der in seiner fatalen Vergesellschaftung mit einem trügerischen Sicherheitsgefühl zu beängstigend ansteigenden Unfallzahlen führt. Mal ganz zu schweigen davon, dass offensichtlich fast niemand mehr weiß, wie (und warum) man einen Blinker betätigt, und dass man vor roten Ampeln und hinter Stau-Enden tunlichst anzuhalten hat 🙄
Ich sage: Moderne und bis unter den nicht mehr vorhandenen Keilriemen technisch aufgestrapste PKW verleiten Leute, die nicht wirklich Auto fahren können, zu der Annahme, dass der Straßenverkehr ein Ponyhof ist 😡
Und was tut die Automobilindustrie dagegen?
Ganz genau: Die Automobilbauer lassen sich immer neue Gimmicks einfallen, um noch unfähigere Grenzdebile hinter das Lenkrad eines Wagens setzen zu können. Und sei es auch um den Preis, dass das Auto ganz alleine und komplett autark fahren können muss, damit seine intellektuell stark geforderten Insassen prinzipiell auch ohne Führerschein per Individualverkehr von A nach B gelangen können.
Na und? Da ist doch klasse!
Das WÄRE klasse, wenn die Technik unfehlbar wäre. Ist sie aber nicht. Tatsächlich ist dieses ganze verchippte Zeug hoch sensibel und erschreckend störanfällig. Das eröffnet ein Szenario, in dem nicht mehr der Mensch das Maß allen Versagens ist, sondern die mehr oder weniger entmündigende Technik. Und so blicken inzwischen auch jene, die nach dem großen Crash immer alles ausbaden müssen, mit begründeter Skepsis auf den Trend zum selbstfahrenden Auto:
Unfallverursacher Auto
Selbstfahrendes Auto ändert Versicherung
In dem Artikel heißt es (Zitat):
Wenn es auf der Straße kracht, trägt meistens der Fahrer die Schuld. 90 Prozent der Verkehrsunfälle sind Folgen menschlicher Fehler. Durch Assistenzsysteme gerät nun aber zunehmend das Auto als Risikofaktor in den Blick der Versicherer.
- Was tun, wenn die reale Verkehrslage eine sofortige Vollbremsung erfordern würde, der vollautomatisierte Bremsknecht die Situation jedoch komplett anders einschätzt und sein Veto einlegt?
- Was, wenn der Spurhalteassistent durch eindringendes Regenwasser plötzlich den Gegenverkehr für seine wahre Bestimmung hält?
- Was, wenn alle Systeme plötzlich ausfallen, und darum von jetzt auf gleich ein aus dem Sattel geschossener automotiver Analphabet seinen eigenen Wagen lenken können muss, was ihn schon im ruhenden Verkehr hoffnungslos überfordern würde?
- Oder andersrum: Was, wenn jemand, der wirklich noch Auto fahren kann, das eigene Verderben hilflos kommen sehen muss, weil ihm eine komplett verschallerte Bordelektronik keine Möglichkeit mehr zum manuellen Eingreifen bietet?
Ich bin wirklich keine Feindin technischen Fortschritts. Ich möchte nur aus evolutionskritischer Sicht zu bedenken geben, dass wir nackten Affen noch nicht lange genug von den Baumkronen abgestiegen sind, als dass wir uns schon der Unfehlbarkeit oder gar der Unverwundbarkeit rühmen dürften. Meiner Meinung nach gehört niemand hinters Steuer, der sein Fahrzeug nicht souverän beherrscht und/oder sich offensichtlich weigert, die zentralen Verhaltensvorschriften im Straßenverkehr korrekt auszuüben. Punkt.
Wie sagte es doch schon Wilhelm Busch so treffend?
Wenn einer, der mit Mühe kaum,
geklettert ist auf einen Baum,
schon meint, dass er ein Vogel wär –
so irrt sich der.
– Milla Münchhausen –
Was ist wohl gefährlicher für mich als gesetzestreues Lieschen Autofahrerin?
a) Ein sabbernder Arschlochkappenträger, der mit seiner Krawallkiste durch den Straßenverkehr pflügt wie Arnie Cunningham kurz vor dem Nullen des Tachos seiner Christine
oder
b) ein selbstfahrendes Auto, dessen Bordcomputer plötzlich abraucht und der sich anschließend wie HAL 9000 benimmt?
Ich möchte jedenfalls in keiner von beiden Situationen persönlich anwesend sein 😮