Was ist „Un“ am Unwort?
Einmal im Jahr bestimmt eine Jury aus vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten das so genannte „Unwort des Jahres“. Wer sich dazu internett kundig machen will, wird auf der Webseite dieser alltagssprachkritischen Initiative mit Sicherheit erschöpfend fündig:
http://www.unwortdesjahres.net
Doch was macht ein Wort überhaupt zum Unwort? Welche Verfehlung muss ein Wort begehen, damit es als politisch inkorrekt gebrandmarkt und anschließend nicht mehr ohne tadelnden Verweis in den Mund genommen werden darf? Die netzöffentlich transparent gemachten Beurteilungs-Grundsätze der durchweg ehrenamtlichen und unabhängigen UnWortWächter beantworten diese Frage sehr eindeutig. Mit einem „Un“ werden jene Worte geächtet, die
1) die Menschenwürde mit Füßen treten,
2) demokratische Grundprinzipien und freie Willensbildung ausschalten,
3) spezifizierte Personengruppen diskriminieren oder
4) verharmlosend, beschönigend und damit oft auch gefährlich irreführend sind.
Ein Blick auf die bisherigen „Un-Siegertreppchen“ füllt diese trockene Theorie alsbald mit prallem Sprachleben. Betrachten wir dazu exemplarisch den jüngsten Preisträger, Herrn Jörg Kachelmann. Denn mit seiner vor billigem Zynismus triefenden und von einem angeschrammten Super-Ego kündenden Unwort-Schöpfung „Opfer-Abo“ hat er buchstäblich einen Brandbeschleuniger in die derzeit hell lodernde Sexismus-Debatte geworfen. Entsprechend hieb- und stichfest können die Unwort-Juroren darum ihre Wahl auch begründen. Ich zitiere wörtlich:
Quelle:
http://www.unwortdesjahres.net/fileadmin/unwort/download/Opfer-Abo.jpg
Doch nicht nur der Jörg ist mit seinem despektierlichen klischeeverzerrten Frauenbild voll gegen die Wand gekachelt. Auch Philipp „Fipsi“ Rösler (FDP) hat mit seiner anempfohlenen „Anschlussverwendung“ für die „Schlecker-Frauen“ nicht unbedingt verbales Feingefühl bewiesen. Tatsächlich war er mit dieser unsensiblen Wortwahl sogar ein großer Konkurrent für den kleinen eidgenössischen Wetterfrosch, wie es im „Spiegel Online“ nachzulesen steht:
Haben auch Sie jetzt Lust dazu bekommen, sich aktiv an der Wahl des alljährlichen Unworts zu beteiligen? Das ist sehr löblich! Denn ohne Ihre eingereichten Vorschläge hätte die Jury ja nichts zu bewerten. Darum sollten Sie schon jetzt mit Ihrem mentalen Schmetterlingsnetz in der Medienlandschaft auf die Jagd nach Ihren persönlichen Unwort-Favoriten gehen, und Ihre (hoffentlich recht umfangreiche) Ausbeute beizeiten einreichen. Informationen über das wie, wo und wann finden Sie auf
http://www.unwortdesjahres.net/index.php?id=3
Und nun: Augen und Ohren auf, und zum Halali auf wortwörtliche Grenzverletzungen geblasen. WortWaidmanns Heil!
– Carina Collany –
Die Einstiegs-Grafik zu diesem Beitrag ist übrigens ein WORDLE, konstruiert aus den unwortlichen „Preisträgern“ der letzten Jahre 😆 was immer Sie also in diesem WORDLE lesend entdecken, ist definitiv „UN“ 😉 und hat demnach in einem kultivierten Wortschatz nichts zu suchen
Kollegin Collany hat vor lauter Beflissenheit mal wieder was vergessen – nämlich den erklärenden Link zum WORDLE 😮
Alles muss ich hier selber machen 🙄 :mgreen:
Erschaffen Sie Ihr eigenes Wordle™
https://wunderblog.daniel-deppe.de/erschaffen-sie-ihr-eigenes-wordle/
Zum Unwort des Jahres 2013 wurde SOZIALTOURISMUS gewählt:
http://www.tagesschau.de/inland/unwortdesjahres114.html
wobei ich ja finde, dass Sozialtourismus kein Unwort, sondern ein Unding ist …