Pflegeheim? Ich? Niemals! Und das mit guten Gründen.

Pflegeheim (Symbolbild)

Pflegeheim (Symbolbild)

Wenn man sein Leben nicht mehr ohne Hilfe leben kann, dann grüßt das Pflegeheim am sich langsam eintrübenden Horizont der untergehenden Sonne. Dort wird man fachkundig und fürsorglich gehegt, gepflegt und unterhalten sowie rund um die Uhr vor Gefahren und Krankheiten professionell beschützt. Klingt doch eigentlich ganz verlockend, oder? Das bis zur Unkenntlichkeit abgedroschene „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“ hat sich immerhin jedes Pflegeheim pflichtschuldigst auf die Fahne geschrieben. Nun ja. Die krasse Realität sieht leider völlig anders aus.

Von den eigenen vier Wänden ins Pflegeheim

Zieht man in ein Pflegeheim, so verringert sich das eigene kleine Reich auf ein paar wenige lächerliche Quadratmeterchen. Und die sind durch das Pflegebett schon derbe reduziert. Gewiss, man kann in aller Regel eigene Möbel und eigene Staubfänger mitnehmen, um dem neuen Domizil so etwas ähnliches wie Wohnlichkeit und eine persönliche individuelle Note zu verleihen. Doch die Masse dessen, was realiter mitgehen kann, ist denkbar gering. Was immer man im Laufe seines Lebens an geliebtem Seelenheu angesammelt haben mag: im Pflegeheim wird dafür definitiv kein Platz sein. Also Good Bye, Sweet Home. Und Hello, Small Room.

Das Pflegeheim als Truppenübungsplatz

Ist man als Bewohner, pardon, als Pflegekunde, im Pflegeheim angekommen, so hat man sich gefälligst nach den dort festgelegten Taktungen und Terminen zu richten. Dann ist es vorbei mit dem gemütlichen Schlendrian, der das Leben als Rentner einstmals so verheißungsvoll machte. Frühstück um Acht, vorher waschen und anziehen, dann die vom sozialen Dienst angeordneten Gruppen-Bespaßungen, Mittagessen um Zwölf, dann Arzttermine oder anderweitige notwendige Behandlungen, Kaffee und Kuchen um Drei, dann kleine Ausflüge mit oder ohne Rollstuhl rund ums Haus, Abendbrot um Sechs, dann waschen und ausziehen und dann husch husch ins Körbchen. Wem dieser fremdbestimmte Rhythmus im Pflegeheim nicht gefällt, der hat leider Pech gehabt. Denn Extrawürste werden hier nur höchst selten gebraten.

Das Pflegeheim als Ort des Lärms

Als frisch gebackener Pflegekunde hat man plötzlich jede Menge neue Nachbarn, mit denen man buchstäblich Tür an Tür wohnt. Diese Nachbarn kann man sich nicht aussuchen. Und möglicherweise haben diese neuen Nachbarn jede Menge Angewohnheiten, die man selbst nicht unbedingt schätzt. Lautes Fernsehen den ganzen Tag, lautes Radio den ganzen Tag, lautes Rufen und Schreien den ganzen Tag, was auch immer. Jemand hat vielleicht seine kleinen Papageien mit ins Heim genommen und ermuntert seine gefiederten Freunde den lieben langen Tag zu ohrenbetäubenden Lautäußerungen. Und selbst, wenn die Nachbarn eher stille Zeitgenossen sein sollten: Das ständige Geklapper, Geschäpper und Gequietsche, das den lieben langen Tag durch die Flure im Pflegeheim schallt, lässt sich durch die dünnwandigen Zimmertüren nicht wirklich draußen halten. Wer hier sein Hörgerät einfach mal ausschalten kann, ist klar im Vorteil.

Weitere Gegebenheiten im Pflegeheim

Im Pflegeheim wird jegliche Privatsphäre an der Garderobe abgegeben. Zwar sind die hoffnungslos überlasteten und unterbezahlten Pflegekräfte angehalten, die Würde ihrer Pflegekunden in jeder Hinsicht zu wahren. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass man sich als Bewohner im Pflegeheim vor fremden Menschen ausziehen und sich von ihnen auf allen Etagen des Körpers waschen lassen muss. Oder beim Essen und anschließend beim Toilettieren helfen lassen muss. Alles, was bislang im Lebensvollzug privat und intim war, liegt nun in den Händen der Pflegenden. Und sollte man gar in einem Doppelzimmer gelandet sein, dann kann man nur inständig hoffen, in dem neuen Zimmergenossen einen umgänglichen und verträglichen Menschen zu finden. Denn ab sofort wird man alles mit diesem Fremden, den man sich nicht selbst ausgesucht hat, teilen müssen.

Es gäbe zu diesem Thema noch viel zu sagen. Viel mehr, als hier Platz dafür ist. Von der Mörderkohle, die ein Leben im Pflegeheim kostet, über die dort unweigerlich drohende Vereinsamung bis hin zu dem überwältigend schmerzhaften Gefühl eigener Ohnmacht und deprimierender Lebenssinnentleerung. Von der unverschämten Ausbeutung des auf völligen Verschleiß gefahrenen Pflegepersonals ganz zu schweigen. Ich persönlich möchte niemals an solch einem trostlosen Ort auf das Ende meiner Tage warten. Da mache ich schon lieber eine Kreuzfahrt. Die kommt wesentlich preiswerter und bietet eine Fülle phantastischer Annehmlichkeiten, von denen ich im Pflegeheim noch nicht mal träumen könnte. Also: Ahoi!

– Milla Münchhausen –

Beitragsbild/Symbolfoto: Eberhard Grossgasteiger auf Unsplash

eberhard grossgasteiger

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Eine Antwort

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